Das Geheimnis von dem wir nicht sprechen: ADHS und Selbstmedikation
Dies ist eines dieser Gespräche, die normalerweise hinter geschlossenen Tueren stattfinden, gefluestert in Momenten der Scham. Aber ich möchte es ans Licht bringen, weil Schweigen das Problem nur verstärkt.
Du liest dies vielleicht, weil du dir Sorgen um deinen Partner machst. Du hast gesehen, wie er oder sie mit Stimmungsschwankungen, Konzentrationsproblemen, Frustration und vielleicht mit Alkohol oder anderen Substanzen kämpft. Möglicherweise hast du auch ein oder mehrere Kinder mit ADHS, was den Druck zu Hause konstant machen und die Risse in den Bewältigungsstrategien von Erwachsenen sichtbarer machen kann.
Wenn du dich gefragt hast, warum können sie nicht einfach aufhören? Was stimmt nicht mit Ihnen? Sie haben vielleicht mehrmals versprochen, aufzuhören oder es zumindest zu reduzieren, aber ihr Engagement ist nur von kurzer Dauer. Ich möchte, dass du weisst: sie sind nicht kaputt, und du auch nicht.
Die unbequeme Wahrheit
Viele Erwachsene mit unerkannter oder unbehandelter ADHS finden sich selbst beim Selbstmedizieren, manchmal über Jahrzehnte, ohne es überhaupt zu merken. Bei einigen ist es endloser Kaffee oder Energiedrinks. Bei anderen ist es Nikotin, Alkohol, Cannabis oder härtere Substanzen. Diese können im Moment wie Magie wirken, den Lärm beruhigen, den Nebel lichten, soziale Situationen einfacher machen oder einfach einen stressigen Abend erträglicher machen.
Es ist keine Schwäche oder mangelnde Willenskraft. Es ist ein Gehirn, das nach Gleichgewicht sucht, auf die einzige Weise, die es kennt.
Warum es passiert
ADHS geht nicht nur um Konzentration, sondern um Regulation: von Aufmerksamkeit, Emotionen, Erregung und Belohnung. Ohne Behandlung jagt das Gehirn oft Dopamin, den “Motivations”-Botenstoff. Substanzen können vorübergehend diesen Schub oder Erleichterung bieten.
Aber sie gehen das zugrunde liegende ADHS nicht an. Und mit der Zeit können sie neue Probleme schaffen wie Abhängigkeit, Scham, Gesundheitsprobleme und Spannungen in der Familie.
Wenn du auch ein oder mehrere Kinder mit ADHS erziehst, kann der Stress unaufhörlich sein. Der Lärm, die Anforderungen und die Unvorhersehbarkeit können ein unbehandeltes ADHS-Gehirn eines Erwachsenen eher dazu bringen, nach dem zu greifen, was am schnellsten Erleichterung bringt.
Die Diagnoseverlagerung und das verborgene Risiko
Eine Diagnose zu erhalten und mit ADHS-Medikamenten zu beginnen, kann das Leben verändern. Aber es gibt ein Risiko, über das kaum jemand genug spricht: weiterhin Selbstmedikation neben verschriebenen Stimulanzien.
Die Mischung von Stimulanzien mit Alkohol oder anderen Substanzen kann sowohl physisch als auch emotional riskant sein. Alkohol zum Beispiel kann die sedierenden Effekte maskieren, die normalerweise signalisieren, langsamer zu machen, wodurch es einfacher wird, mehr zu trinken als beabsichtigt. Alte Bewaeltigungsmuster koennen besonders unter Stress wieder auftauchen.
Wisse, dass du nicht der Einzige bist, der dieses Problem erlebt
Sucht oder riskanter Substanzgebrauch ist bei ADHS weitaus häufiger, als die meisten Menschen wissen oder darüber sprechen möchten, besonders wenn ADHS unerkannt ist. Es ist kein moralisches Versagen. Es ist ein Gehirnunterschied.
Und es gibt Hilfe. Echte Hilfe. Nicht nur “versuche mehr“, sondern ADHS-informierte Unterstützung, die versteht, warum dein Partner vielleicht überhaupt zu etwas greift, und Hilfe, die gesündere, dauerhafte Wege bietet, diese Bedürfnisse zu befriedigen.
Wie Hilfe aussieht
ADHS-informierte Therapie oder Coaching, um Scham durch Verständnis und praktische Werkzeuge zu ersetzen.
Medizinische Begleitung, um sicherzustellen, dass die ADHS-Behandlung wirksam und sicher ist.
Unterstützung für die ganze Familie, weil ADHS nicht isoliert existiert.
Verbindung mit Menschen, die sowohl ADHS als auch Substanzgebrauch verstehen, sodass es keine Notwendigkeit gibt, etwas zu erklaeren oder zu rechtfertigen oder die Scham zu fuehlen, beurteilt zu werden.
Auch wenn du deinen Partner nicht “reparieren“ kannst, kannst du Teil des Wendepunkts sein. Der erste Schritt ist, das Schweigen zu durchbrechen. Wenn dir davon etwas bekannt vorkommt, überreagierst du nicht. Du nimmst wahr. Du sorgst dich. Und das ist wichtiger, als du denkst.
Wenn du bereit bist, bin ich hier, um zuzuhören. Kein Urteil, nur Verständnis. Lass uns darüber sprechen, was passiert ist und wie wir die Situation für dich und deine Familie leichter und sicherer machen können.